Inselmuseum
Am Beispiel der Insel Wangerooge sollte ein Konzept für ein neues Heimatmuseum entstehen, das seine Inhalte spannend vermittelt und nicht nur auf der Ausstellung alter Gegenstände beruht. Man erlebt in der Ausstellung eine Kindheit auf der Insel und erfährt so auf spielerische Weise neues über das Leben dort, aber auch den Ort selbst.

Dass Heimatmuseen oft nicht die spannendsten Orte sind, ist ein Problem für den Tourismus, das mit diesem Projekt für die Insel Wangerooge angegangen werden sollte. Es fehlt vielerorts an aufregenden Exponaten oder interessant vermittelten Inhalten, was dieses Konzept ändern soll. Es ist ein allgemeiner Ansatz entstanden, der auf kleinem Raum funktioniert und beliebig erweiterbar oder reduzierbar ist, sodass er auch auf andere Heimatmuseen angewandt werden kann.

Die übergreifende Gestaltung basiert auf dem Thema "Kapseln", abgeleitet von dem Gefühl, dass sich die Zeit im Museum wie das Betreten einer Zeitkapsel anfühlt. Es wurde deshalb eine einheitliche räumliche Kapselform für jede Station entwickelt, die sich im Laufe des Rundgangs durch die Ausstellung immer weiter öffnet.

Auch die Interaktionen, mit denen die Informationen verknüpft sind, sollen nicht zu kurz kommen, weshalb je nach Umfang des Inhalts die räumliche Größe der Stationen festgelegt wurde. Es gibt vier verschiedene Kreisdurchmesser, an denen die Stationsgrößen sich orientieren, aus denen das zu Wangerooge passende Gerüst aus "Kapselwänden" geschaffen wurde. Die Farbigkeit spiegelt die Gefühlswelt einer Kindheit wieder, die sich vom geborgenen Gelb zum kalten Blau entwickelt, was außerdem das Farbspektrum ist, welches ein Sonnenuntergang am Meer aufzeigen kann.

Als Thema mit Ortsbezug wurde das Aufwachsen auf der Insel gewählt. So durchläuft man in der Ausstellung chronologisch die verschiedenen Phasen einer Kindheit auf der Insel, die in einzelne Stationen aufgeteilt wurde. Jede Station ist hier außerdem mit einem Unterthema über Wangerooge selbst verbunden, sodass trotz der Emotionalität der subjektiven Geschichten auch objektive Informationen vermittelt werden können.

Direkt die erste Station zeigt die Wandgestaltung, die sich durch den gesamten Rundgang zieht: Ein unaufdringlicher Farbverlauf von der gesättigten Farbe hin zu weiß im oberen Bereich, wie der Meerwind, der sie wegträgt. Man kann außerdem einen schmalen diagonalen Streifen unten an der Wand erkennen, der symbolisiert, wie groß das Kind in dieser Lebensphase am Anfang und Ende ungefähr ist. Zudem befinden sich an den Wänden jeder Station zusätzliche Informationen auf Augenhöhe. Bei der ersten Station speziell geht es um die Geburt, weshalb jeder Besucher eine kleine Rampe in die erste Kapsel hinauf steigt, um die Besucher:innen in den Bann der Ausstellung zu ziehen. Abstrahiert für die Geburt stehend, senkt sich die Rampe nach der Hälfte und entlässt die Menschen Richtung Station zwei.

Der Fokus der zweiten Station ist das Thema Umwelt im Kindergartenalter. Hier gibt es erneut eine kleine Rampe, die die Besucher:innen zu einer Kante leitet, von der aus sie eine Projektion auf dem Boden sehen. Diese zeigt in einem Zeitraffer, wie sich die Insel im Laufe der Jahrhunderte immer wieder verändert hat, in ihrer Form wie auch der Bodenbeschaffenheit.

Vor jedem Platz befindet sich ein Kontrollpanel mit einem Joystick zur Steuerung, einem Lautsprecher und Basisinformationen zum Fahrzeug, das man spielt. Sitzen alle Spieler:innen wird durch Bewegen der Joysticks erkannt, wie viele Spieler:innen es gibt. Danach folgt eine Erklärung des Spiels über die Lautsprecher. Ziel ist es, sein Fahrzeug auf dem Tisch am schnellsten zum zufällig genannten Ort zu navigieren, wobei jede:r Spieler:in unterschiedliche Wege nutzen kann, die dem jeweiligen Fortbewegungsmittel zur Verfügung stehen. Alle Figuren haben eigene Schienen zugeteilt, die durch eine Form an ihrer Unterseite nur die jeweilige Figur nutzen kann, sowie verschiedene Geschwindigkeiten. Trifft ein:e Spieler:in am Zielort ein, ist das Spiel vorbei und es kann eine neue Runde gestartet werden.

Das Herzstück der Ausstellung ist die dritte Station, die - passend zum Lebensabschnitt - besonders auf Kinder im Schulalter zugeschnitten ist. Hier geht es in einem interaktiven Spiel um die besondere Infrastruktur einer Insel ohne Autos. Auf einem Tisch, der an die Inselform angepasst modelliert ist, befinden sich fünf feste Spielerplätze, das Spiel funktioniert aber auch mit weniger Leuten.

Station vier ist nach dem großen Spiel absichtlich kleiner gehalten und beschäftigt sich im Lebensabschnitt Weihe passenderweise mit den Religionen des Orts. Hierzu gibt es ein Drehtafelspiel, auf dem man die vertretenen Religionen auf der Insel erkunden kann und wie diese ausgeführt werden.

Die fünfte Station ist wiederum für den längeren Aufenthalt konzipiert. Hier geht es um das Thema Berufsfindung, was bei einer Insel oft mit der Branche Tourismus verknüpft ist. Auf einem großen Bildschirm ist es möglich sich in mehreren Clips über die verschiedenen Berufe auf der Insel zu informieren und ein größeres Bild der örtlichen Wirtschaft zu erlangen. Besonders an dieser Station können die Inselbewohner mit ihren Errungenschaften in die Ausstellung integriert werden. Der große Sitzbereich lädt zu einer kurzen Verschnaufpause ein und umfasst deswegen mehr als die Hälfte dieses Stationskreises, um möglichst vielen Personen Platz zu bieten.

Egal für welche Seite man sich entschieden hat, betritt man einen großen Bereich der mit Sitzkissen ausgefüllt ist. Der einzige Unterschied zur anderen Seite ist der Inhalt der Station: Entweder hört man nun Berichte von Leuten, die auf der Insel geblieben sind, oder solche, die sich für das Festland entschieden haben. Visuell wird dies durch Dinge wie Zeitungsartikel und Bilder unterstützt, hauptsächlich geht es hier aber um das Anhören der Geschichten.

Nach dem großen Bereich der fünften Station wird es zwischenzeitlich wieder schmaler, da die Entscheidungs-Station zum Ziel hat, dass die Besucher:innen sich entscheiden müssen, ob sie am Ende der Kindheit auf der Insel bleiben oder aufs Festland ziehen wollen. Dieses Dilemma wird räumlich von einer Wippe symbolisiert, die auf den beiden Seiten in unterschiedliche Teile der Ausstellung führt, eine falsche Entscheidung allerdings kann man nicht treffen.

Die letzte Station kann von beiden Teilen der siebten Station betreten werden. Von hier aus kann man auch leicht noch die jeweils andere Entscheidung ansehen, wenn man die gesamte Ausstellung kennen möchte. Das eigentliche Thema hier ist aber die Erinnerung, egal welchen Ort man in der Jugend gewählt hat. Deshalb besteht diese Wandgestaltung hauptsächlich aus Bildern des Ortes und seiner Bewohner, Veranstaltungen oder Vereine, aber auch Informationen darüber, wie in diesem Fall Wangerooge als Kurort fungiert. Diese kann man besonders auf sich wirken lassen, wenn man die Drehscheibe in der Mitte nutzt, um sich von den Erinnerungen umschließen zu lassen. Nach dieser Station verlässt man die Ausstellung mit den gewonnen Eindrücken.